"Gott ist Feministin. Mein Leben mit Eva, Maria und Lady Gaga"

Mira Ungewitter: Gott ist Feministin. Mein Leben mit Eva, Maria und Lady Gaga. Freiburg (Herder) 2023

Lebendig geschriebene Reflexionen zu Gottes weiblichen Anteilen

Was verbirgt sich hinter dem provozierenden Titel? Wieder ein vielleicht gut gemeinter, letztlich aber unreflektierter Rundumschlag gegen den Patriarchalismus in Kirchen und Theologie? Die Pastorin Mira Ungewitter geht einen anderen Zugang. Ihr Gedanke ist: wenn Gott Gott ist, kann ihn keine Seite für sich vereinnahmen. Es muss also hinter den auf menschliches Denken zurückfürbarenden, auseinanderklaffenden Positionen etwas geben, das beide Seiten integriert. Da stellt sich die Frage: Was sagt Gott über sich selbst? Um nicht wieder das Kind mit dem Bade auszuschütten, zieht sie einen Vergleich: Gott spricht nach biblischem Zeugnis von sich nicht im Sinne einer umfassenden Selbstvorstellung, sondern in eine immer andere konkrete Situation hinein und zu bestimmten Menschen. Daher ist seine Selbst-Vorstellung immer anders akzentuiert - ganz so, wie wir es auch tun: bei einem Vorstellungsgespräch etwa sprechen wir anders über uns als bei der Vorstellungsrunde zu Beginn einer Fortbildungsveranstaltung. Zu bedenken ist weiters, dass die Texte der Bibel immer auch davon geprägt sind, wie die Menschen, auf die sie zurückgehen, Gott erfahren und verstanden haben. Die Autorin geht nun auf Schlüsselstellen von Gotteserfahrung im Alten und Neuen Testament ein. Beginnend mit dem Schöpfungsbericht und weiteren Stellen des Alten Testamens, über die Berufungsgeschichten von Maria, Elisabeth und Maria Magdalena und dem Sprachgebrauch Jesu bis hin zu den im Sinne der „die Frau schweige in der Kirche“ berühmt- berüchtigten Stellen der ntl. Briefe, kommt sie bereits durch eine genauere sprachliche Analyse zu überraschenden Erkenntnissen zu göttlichem Selbstverständnis und Denken. Eingeflochten in die sachlichen Befunde sind ihre persönlichen Zugänge zum Thema. Eine große Rolle spielt dabei die Beziehung zu ihrer Mutter, eine von Kind festzustellende Tendenz an vom Üblichen abweichende Wege, ein Denken, das das Bestreben Gottes, den Menschen Liebe und Freiheit zu schenken, in vielen Formen und durch viele Menschen am Werk sieht und daher eine pastorale Praxis, die hineinnimmt und nicht ausschließt. Ein Buch voller Gedanken, die Horizonte öffnen und Gott in einem weiten Sinn „Gott sein lassen.“
Wien, 2. Jan. 2024
Hanns Sauter 

"Der eine Gott und die Götter. Religions- und Theologiegeschichte Israels. Ein Durchblick"

Ludger Schwienhorst-Schönberger: Der eine Gott und die Götter. Religions- und Theologiegeschichte Israels. Ein Durchblick. Freiburg (Herder) 2023

Israels Weg zum Ein-Gott-Glauben und die Konsequenzen für alle Völker


Der Ein-Gott-Glaube war in der antiken Welt nicht selbstverständlich, sondern musste sich in einer Welt, in der es von Göttinnen und Göttern wimmelte, in einem langen und von Auseinandersetzungen geprägten Prozess durchsetzen. Gelungen ist dies bei einem kleinen und für das Weltgeschehen unbedeutendem Volk Israel. Unter den Gesichtspunkten historische Information, theologische Reflexion und spirituelle Entfaltung legt der bekannte Alttestamentler hier einen spannenden Durchblick des komplexen Themas vor. Dabei spricht er über religionsgeschichtliche Vorgaben, über die Offenbarungen des Gottes Jahwe in der Geschichte, den Weg des Monotheismus den Israel unter vielen Widerständen - auch aus den eigenen Reihen - gegangen ist, die Rolle der Propheten, die Reformbewegung der Deuteronomisten und die Nachwirkungen des babylonischen Exils, die ihn letztlich festigten. Abschließend setzt er sich ausführlich mit dem alttestamentlichen Bilderverbot und seine Diskussion im Bilderstreit der alten Kirche auseinander. Das Fazit des Autors: gerade der Ein-Gott-Glaube bewirkt ein Bewusstsein auf die eine göttliche Wirklichkeit, die in der Welt herrscht und führt zu einer Dynamik, in der „Gott alles in allem“ ist. Aus der verwirrenden Vielzahl einander oft widerstrebender Götter, die zu einer ebenso sich widersprechenden Gegensätzlichkeit unter den Menschen führen muss, „erstrahlt das Licht der einen Wahrheit, die den Weg zum wahren Leben in der Gemeinschaft mit Gott und untereinander weist.“ (S. 265) Der Monotheismus erweist sich als ein Weg des Miteinanders und des Friedens, der Versöhnung und Gemeinschaft. Alle Völker sind eingeladen - im eigenen Interesse - diesen Weg den die Propheten Micha und Jesaja dringend empfehlen, zu gehen. Ein Buch mit viel Potential in diesem Sinne! Für öffentliche Büchereien mit entsprechendem Klientel, Fachbibliotheken, Bibelkreise usw.
 
Wien, 29. 12. 2023
Hanns Sauter  

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